Veranstaltung: | Bundesjugendwerkskonferenz 2018 |
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Tagesordnungspunkt: | 7.b) weitere Anträge |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 12.05.2018, 17:40 |
Antragshistorie: | Version 1 |
A12NEU: Jugend im ländlichen Raum nicht vergessen – Jugendarbeit und ÖPNV stärken, Digitalisierung nicht verschlafen
Antragstext
Die Bundesjugendwerkskonferenz möge beschließen:
Für junge Menschen ist der eigene Wohnort zentral. Spielplätze, Jugendräume oder
Angebote der Jugendverbände spielen hier beim „Verortet-Sein" eine besondere
Rolle. Aus diesem Grund sind Angebote für junge Menschen wohnortnah zu
unterbreiten.
Das Bundesjugendwerk sowie die Bezirks- und Landesjugendwerke setzen sich
zusammen politisch dafür ein und fordern die Bundesregierung und die
Länderregierungen und politischen Entscheidungsträger*innen auf kommunaler Ebene
dazu auf, die Jugendarbeit sowie die sozialen Strukturen für Kinder, Jugendliche
und junge Erwachsene im ländlichen Raum zu stärken und mit einem größeren
finanziellen Rahmen auszustatten:
• Unterstützung der Jugendarbeit für alle Jugendlichen im ländlichen Raum
hinsichtlich der finanziellen Förderung von Jugendverbänden, der Versorgung mit
Jugendräumen und der Schaffung von formellen Partizipationsmöglichkeiten für
junge Menschen durch die Kommunen und Gemeinden unabhängig von deren
finanziellen Ausstattung.
• Ausbau und Erhalt von geeigneten Jugendräumen, welche den jungen Menschen
uneingeschränkt zur Verfügung stehen; keine Schließungen von Jugendräumen.
• Schaffung von eigenverantwortlichen Zugängen zu Jugendräumen, zu denen die
Jugendlichen als Verantwortliche auch die „Schlüsselgewalt“ haben.
• Dauerhafte Bereitstellung von finanziellen Ressourcen für eine bedarfsgerechte
Ausstattung von Jugendeinrichtungen mit dazugehörigem pädagogischen
Fachpersonal.
Teilhabe durch Mobilität sichern
Junge Menschen sind aufgrund ihres Alters auf öffentliche Mobilitätsangebote
angewiesen. Ihre Mobilität darf dabei nicht von der finanziellen oder
praktischen Unterstützung der Eltern abhängig sein, um soziale Ungleichheiten
nicht noch weiter zu verstärken. Ziel muss es sein, für junge Menschen und mit
jungen Menschen Perspektiven zu entwickeln, wie ein gut ausgebautes, flexibles
und zumindest für junge Menschen unter 18 Jahren kostenloses Verkehrsnetz - auch
und gerade im ländlichen Raum - entstehen kann. Innovative Mobilitätskonzepte
(wie „Diskobusse“ oder Mitfahrzentralen) sind dabei zu erarbeiten und zu
fördern.
Das Bundesjugendwerk sowie die Bezirks- und Landesjugendwerke setzen sich
zusammen politisch dafür ein und fordern die Bundesregierung, die
Länderregierungen und die politischen Entscheidungsträger*innen auf kommunaler
Ebene dazu auf, den Ausbau und die Verbesserung des öffentlichen
Personennahverkehrs unter Berücksichtigung der Bedürfnisse von jungen Menschen
voranzubringen, die Rücknahme von Streckenstilllegungen zu prüfen sowie für die
ausreichende Finanzierung zur Verbesserung der Taktung und den Ausbau des
Angebots im ÖPNV am Wochenende und in den Abendstunden zu sorgen und für alle
jungen Menschen unter 18 Jahren den ÖPNV kostenlos anzubieten.
Digitalisierung nicht verschlafen
Gerade für junge Menschen gehört die Digitalisierung der Gesellschaft mehr als
für andere Altersgruppen zur täglichen Realität. Sie kommunizieren
überdurchschnittlich viel digital, sie nutzen das Internet deutlich intensiver
und öfter. Sie sind online weitaus mobiler als der Rest der Bevölkerung. Dabei
folgen sie nicht nur Trends schneller und häufig völlig autark von den
Entscheidungen Erwachsener – sie geben mit Youtube-Stars und Internet-StartUps
auch kulturelle Größen neu vor und definieren mit Online-Petitionen, Flash-Mobs
und digitalen Mitbestimmungstools moderne digitale Wege der gesellschaftlichen
und politischen Beteiligung.
Das Bundesjugendwerk sowie die Bezirks- und Landesjugendwerke setzen sich
zusammen politisch dafür ein und fordern die Bundesregierung und die
Landesregierungen auf, junge Menschen ernsthaft und verbindlich an der Digitalen
Agenda zu beteiligen. Neben einer strukturellen Einbeziehung für ein
ganzheitliches Digitalisierungskonzept braucht es umgehend geeigneter Pläne und
entsprechende Ressourcen für einen schnellen Ausbau des Breitbandnetzes und
freier WLAN-Netze, insbesondere im ländlichen Raum, aber auch in den Städten.
Die Jugendwerke vor Ort suchen hier nach geeigneten Möglichkeiten, z.B. mit der
Bereitstellung von anteiligen Leitungskapazitäten und der Zusammenarbeit mit
Freifunkinitiativen, den Ausbau von freien WLAN-Netzen in den eigenen
Räumlichkeiten und der Umgebung selbst voranzubringen bzw. zu unterstützen.
Die Verantwortlichen auf allen Ebenen sind dabei gefordert, alles zu tun, damit
junge Menschen bereits als Jugendliche im ländlichen Raum eine persönliche
Perspektive für ihre Zukunft sehen. Hierzu sind politische Konzepte und
Strategien, ggf. über die Jugendhilfeplanung, notwendig.
Begründung
Der Rückzug von Ressourcen ist der falsche Weg, der demographischen Entwicklung vieler ländlicher Räume zu begegnen. Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen und wohnortnahe Ausbildungsplätze sind ebenfalls Standortfaktoren für den ländlichen Raum.
Besonders ungünstig auf die Entwicklung des ländlichen Raums wirkt sich die Abwanderung von jungen Menschen der dörflichen Region in stärkere Wirtschaftsregionen aus. Dies darf aber nicht bedeuten, dass Ressourcen für junge Menschen reduziert werden. Dörfer, die über kulturelle und soziale Infrastruktur verfügen, können ihre Bevölkerung halten, wenn nicht sogar steigern. Nicht nur Arbeitsplätze, sondern die Schule, der Kindergarten oder Jugendgruppen, sind Standortfaktoren im ländlichen Raum. Anhand dieser Kriterien entscheiden junge Familien über Ansiedlung oder Wegzug.
Nach der Schule stellt sich für viele junge Menschen im ländlichen Raum bei der Suche nach einer Lehrstelle oder bei der Gründung einer eigenen Existenz die Frage „Wegziehen oder Bleiben?“ Darüber hinaus fördern unzureichend und periodenfinanzierte Jugendarbeit prekäre und unsichere Anstellungsverhältnisse. Die Abwanderung von Fachkräften lässt keinen Raum, nachhaltige Strukturen der Beziehungsarbeit zu erschaffen und wirkt gegen die Gestaltung nachhaltiger fachlicher Netzwerke.
Durch die Landesregierung kann der Abwanderung von jungen Familien, Kindern und Jugendlichen begegnet werden. Die demografische Entwicklung geschieht nicht automatisch bzw. naturgegeben, sondern orientiert sich auch an den politisch gesetzten Rahmenbedingungen.
Kindgerechte Fassung
Kinder und Jugendliche wollen sich in ihrer Freizeit mit Freund*innen treffen.
Damit sie dafür nicht so weit fahren müssen, soll es in Dörfern und Kleinstädten
mehr Spielplätze, Jugendtreffs oder Jugendwerke geben. Dort soll es auch
Sozialarbeiter*innen geben. Die Jugendwerke müssen jetzt dem Bürgermeister oder
der Bürgermeisterin sagen, er soll dafür mehr Geld ausgeben. Wenn das Dorf kein
Geld mehr hat, muss der Finanzminister von Angela Merkel alles bezahlen.
Damit Kinder und Jugendliche sich mit ihren Freund*innen treffen können, müssen
mehr Busse fahren - auch abends und am Wochenende. Da die meisten nicht so viel
Taschengeld bekommen, sollen alle unter 18 Jahren kostenlos Bus und Bahn fahren
dürfen. Das Jugendwerk der AWO soll Angela Merkel sagen, wie wichtig das ist und
das der Finanzminister Geld mitbringen soll, damit mehr Busse fahren können.
Viele Kinder und Jugendliche nutzen ihr Handy, um sich mit Freund*innen
auszutauschen und zu verabreden. Sie lesen seltener die Bravo, schauen aber
dafür mehr Videos bei Youtube. Unterschriften z.B. für mehr Tierschutz sammeln
sie nicht mehr auf Papierlisten, sondern online im Internet. Dafür braucht jedes
Dorf und jeder Stadtteil schnelles Internet und kostenloses WLAN. Das Jugendwerk
der AWO soll Angela Merkel sagen, dass sie das jetzt machen muss. Die
Jugendwerke sollen, wenn es geht, in ihrem Büro und auf der Straße davor,
kostenloses WLAN ohne Anmeldung einschalten.
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